Herz und Seele - ein Interview und Griechenlandtipps von Fotografin Lisa Dietermann

Manchmal...ach was sage ich...eigentlich immer - schickt das Schicksal einem in Sternstunden besondere Menschen. Lisa Dietermann, auch bekannt als Fraeulein Stern Fotografie, ist so jemand. Wenn man mit ihr den ersten Tee getrunken hat, hat man sofort verinnerlicht, dass hier Herz und Seele direkt vor einem sitzen. Sie strahlt eine unheimliche Wärme aus. Das tun viele aber wer schon einmal vor einem Ofen saß, der kennt diese Tiefenwärme die direkt in Mark und Bein geht. Ja, das beschreibt Lisa. Grund genug um sich diese tolle Frau einmal näher anzuschauen. Das ein oder andere Bild von ihr, hat der aufmerksame Leser vielleicht hier schon einmal entdeckt. Aber wie kam Lisa vom medizinischen Umfeld zur Fotografie? Und was verschlägt sie jedes Jahr auf eine griechische Insel? Ich habe sie befragen dürfen und wer danach nicht Flüge nach Griechenland recherchiert hat vergessen, dass die Bildergalerien, die ich gebastelt habe, Pfeile zum durchschauen besitzen.

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Hallo Lisa, wir haben uns kennengelernt als ich schwanger war. Du die Kamera in der Hand und ich mit Kugelbauch. Wie hast du zur Fotografie gefunden?

An Dich und Deinen wunderschönen Bauch erinnere ich mich immer wieder gerne zurück. Unglaublich, wie lange das schon wieder her ist. Ich finde, es wird Zeit für ein Wiedersehen!

Die Fotografie hat sich irgendwie einfach in mein Leben eingeschlichen. Vielleicht, weil meine Mum auch immer fotografiert hat. Meine komplette Kindheit ist in Bildern nachvollziehbar, was zu Beginn der 1980er nicht immer selbstverständlich war. Analoge Fotografie war teuer und ein kleiner Luxus. Sie hat mich, uns, unser Leben im Alltag festgehalten. Ungestellt und ehrlich. Momente für die Ewigkeit, auch wenn sie damals gar nicht danach aussahen. Ich bin ihr für diese Momentaufnahmen heute sehr dankbar und sie werden gehütet wie ein Schatz.

Auch mein Vater hat viel fotografiert. Ich erinnere mich, dass ich mit seiner analogen Kamera meine Katze fotografiert habe und Blumen. Alles unscharf, welch ein Ärger. Aber ich habe meinen Spaß daran gefunden und mir irgendwann mit 15 Jahren meine erste eigene analoge Kamera gekauft. Eine Canon AE-1. Sie steht heute noch bei mir im Regal. Babys gibt man nicht her. Mit der Kamera habe ich während der Schulzeit und später in der Ausbildung zur Krankenschwester meine Freundinnen fotografiert. Das würde man heute vielleicht unter Boudoir auf Instagram finden. Nach und nach kamen immer mehr Anfragen für alles Mögliche – Portraits, Events, Hochzeiten. Es hat sich von alleine verselbständigt, ohne, dass ich groß darüber nachgedacht habe. Und so begleite ich seit ungefähr 10 Jahren Menschen fotografisch auf den verschiedensten Stationen ihres Lebens.

Gelernt habe ich die Fotografie nie. Nach der Schulzeit habe ich eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht, was tatsächlich genau 20 Jahre her ist. Auweia. Und nach ein paar Jahren in der Schweiz bin ich nach Berlin zurück, um hier noch zu studieren. Heute arbeite ich als Fotografin und Projektleitung. Eine perfekte Kombination, die mich glücklich macht.

 

Dein "Spezialgebiet" ist die Hochzeitsfotografie. Wie kam es zu der Spezialisierung? Was fasziniert dich daran?

Ich würde sagen, mein Spezialgebiet sind Menschen. Danach Kinder. Und dann kommen die Hochzeiten. Die Familienmomente zeige ich weniger öffentlich, sie machen aber mehr als zwei Drittel meiner Arbeit aus. Aber ich l i e b e  Hochzeiten. Ich liebe die Liebe. Ich bin hoffnungslos romantisch, auch wenn sich über die Jahre mein Verständnis von Romantik verändert hat. An Hochzeiten fasziniert mich, dass zwei Menschen sich füreinander entscheiden. Ganz bewusst dafür, gemeinsam durch´s Leben zu geben, komme was da wolle. Ich mag die Emotionen, die Aufregung, die Tränen, die Freude der Gäste und das Glück der Familien. Die Liebe eben. Die sollte man feiern und hochleben. Ich weine auch oft hinter der Kamera mit, manchmal verschlägt es mir die Sprache, Gänsehaut gibt es auch oft. Ich freue mich mit meinen Paaren und ihren Gästen und deshalb trifft es zu, wenn ich sage, ich heirate öfter. Irgendwie heirate ich immer ein Stück weit mit.

 

Wo liegt die Schwierigkeit für dich in deinem Beruf?

Du weißt das sicher selbst ganz gut. Menschen haben unterschiedliche Erwartungen und Vorstellungen. Wenn es um Bilder von persönlichen Momenten geht, kommt hinzu, dass jeder Mensch ein Bild von sich selbst hat – wie er ist oder wie er gerne wäre,  was er an sich selbst schön findet oder nicht. Das alles fließt in meine Arbeit ein. Meist sehr unterbewusst, aber oft höre ich von meinen Kunden, dass sie nicht fotogen sind oder bestimmte Dinge an sich nicht mögen oder ich im Nachhinein etwas „weg bearbeiten“ soll. Ich versuche immer, mich davon nicht beeinflussen zu lassen und den Menschen vor meiner Kamera das Gefühl zu geben, dass es sowas von in Ordnung ist, sich einfach gut und schön und wohl vor der Kamera zu fühlen. Meistens gelingt mir das, zum Glück. Aber ich kenne diese Unsicherheiten selbst gut genug, vielleicht kann ich deshalb damit umgehen.

Die Selbstständigkeit ist immer eine Herausforderung. Ich arbeite sehr oft an den Wochenenden – mit Familien am Morgen, Hochzeiten gehen teilweise den ganzen Tag bis spät in die Nacht. Da kommt es leider oft vor, dass ich private Feiern und Momente in meinem Leben und in dem meiner Freunde verpasse, weil ich schon gebucht bin. Ich versuche, bewusst Auszeiten für mich zu schaffen, was mir mit jedem Jahr besser gelingt. Damit schaffe ich mir meinen Ausgleich.

 

Wie würdest du deinen fotografischen Stil beschreiben?

Echt und ungeschönt. So gefällt mir das Leben am besten. Was sollte man am Alltag herumbessern? Meine Freundin Luisa Sole, selbst eine unfassbar tolle Fotografin und zauberhafter Mensch, hat mich und meine Bilder mal so beschrieben: unaufgeregt, emotional, leise und liebevoll. Das passt. Vor allem leise. Das beschreibt für mich, dass all das kein Tamtam braucht. Keine Aufräumen vor dem Bilder machen, kein Aufhübschen, nur weil ich komme. Das echte Leben ist genug. Mehr als das.

Für diejenigen, die mit meiner blumigen Sprache nichts anfangen können, ist die Schublade „Reportagefotografie“ vielleicht aussagekräftiger. Ich beobachte gerne und versuche, nicht in den Moment einzugreifen. Ab und an gibt es Anweisungen bei Familienbildern oder auch auf Hochzeiten, aber sehr selten.

 

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"Meine Kindheit in Griechenland riecht nach Nivea auf gesonnter Haut, frisch frittierten, von Hand geschnittenen Pommes und Meer."

Wenn man dir auf Instagram @fraeuleinsternfotografie folgt, dann sieht man, dass du auch sehr viel Zeit in Griechenland verbringst. Was zieht dich jedes Jahr an diesen Ort?

Griechenland ist für mich Heimat. Der Zufall hat meine Mutter vor 37 Jahren auf die Insel Thassos verschlagen und ich bin ihr heute sehr dankbar dafür. Die Insel ist unser zweites Zuhause geworden und mit ihr das Land. Ich fühle mich in Griechenland überall sofort wohl und schalte auf Wohlfühlmodus.

Ich mag die Menschen und ihre Gastfreundschaft. Das Land ist unbeschreiblich vielfältig und wunderschön. Und das Essen ist großartig. Viele meiner Kindheitserinnerungen sind an bestimmte Gerüche gebunden, die meisten gehören zu leckeren Gerichten, die ich dort zum ersten Mal gegessen habe. Meine Kindheit in Griechenland riecht nach Nivea auf gesonnter Haut, frisch frittierten, von Hand geschnittenen Pommes und Meer. Und sie schmeckt nach süßen Doughnuts auf salzigen Lippen und Orangenlimonade nach einem Tag am Strand. Wie könnte ich dort nicht immer wieder hinfahren wollen.

 



Warum ist es dein Lieblingsort? Hast du auch mal Lust auf ein anderes Land und welches wäre das?

Thassos ist mein Lieblingsort, weil ich mit der Insel persönlich verbunden bin. Es ist Zuhause. Die Insel hat sich in den vergangenen Jahrzehnten sehr verändert, die Liebe ist trotzdem geblieben, weil ich mich den Menschen dort sehr verbunden fühle. Die Vertrautheit mit allem dort wird nicht langweilig, was nicht jeder verstehen kann. Und ich freue mich jedes Mal auf neue wie ein Kind auf die Fahrt mit der Fähre. Je nach Uhrzeit sitze ich mit Frappeé oder kaltem Bier in der Hand an Deck und genieße das Salz in der Luft und sehe die Insel langsam näher kommen. Wenn man dann in den Windschatten der Insel einfährt, kann man die Nadelbäume der Insel riechen – wunderbar!

Ich reise viel an andere Orte dieser Welt. Unterwegs zu sein, ist großartig. Nach Skandinavien will ich wieder. In Norwegen habe ich mich während meines Auslandssemesters verliebt und ich habe Sehnsucht. Den Balkan habe ich auch noch zu wenig bereist und steht auf der Liste für 2018. Ich kehre grundsätzlich gerne an bekannte Orte zurück. Vielleicht, weil ich mich überall einfach sehr schnell wohl fühle. Reisen im Allgemeinen macht mich glücklich. Gut, dass es noch so viel zu entdecken gibt.

Dieses Jahr wird es tatsächlich wieder Griechenland, bitte nicht lachen. Der Süden mit seinen Inseln und dem Peleponnes sind dran. Sechs Wochen das Land und ich und ein paar tolle Travelbuddies. Das wird ein Fest.

 

Würdest du sagen, dass es ein guter Ort ist um mit Kindern dort hin zu reisen?

Griechenland ist immer toll mit Kindern. Die Griechen lieben Kinder. Sie nehmen es Dir gerne auch einfach mal aus dem Arm, bitte nicht wundern. Als ich im letzten Herbst mit Camilla von MummyMAG und ihren Kids auf Thassos war (wir haben uns dort kennengelernt. Noch ein Grund mehr, um die Insel zu lieben), wurde ihr kleiner Oskar (mein Patensohn übrigens) des Öfteren einfach von Fremden geknutscht, geherzt oder umhergetragen.

Empfehlenswert ist die Insel zu Vor- und Nachsaison, im Mai und Juni oder September, dann ist es nicht so heiß und auch weniger voll. Die Insel hat viele Sandstrände, was mit Kindern ein Muss ist und es gibt eine Reihe von Aktivitäten, die man mit Kids dort unternehmen kann. Reiten, Boot fahren, zum Töpfer gehen und ihm beim Töpfern zusehen oder selbst mitmachen, Museen besuchen, Zumba am Strand für Groß und Klein, die zahlreichen Katzenbabys bestaunen oder sich einfach glücklich durch die Restaurants futtern oder am Strand ein Schloss aus Stöckern und Tüchern bauen und den Tag dort verbringen.

 

Kannst du uns 3 Empfehlungen für diesen Ort geben?

Food | Unbedingt Bougatza essen. Frisch gemacht am Morgen und gefüllt mit süßer Creme. Am besten aus Limenas von Sakis am Hafen. Essen gehen lohnt sich in Limenas im Milos und in einem kleinen Kafenion neben dem Kulturzentrum „Kalogerikó“ am alten Hafen. Es öffnet erst gegen 20.00Uhr am Abend und ist dann gut besucht. Lokale Küche und eine kleine Auswahl an Gerichten machen es einen Besuch wert – und der Anblick des Sonnenuntergangs, den man von dort wunderbar genießen kann. / In Skala Potamia sollte man das Krambousa besuchen und auch das Pefka. / Wer einen Ausflug nach Kastro oder Maries macht, beides Dörfer in den Bergen, der sollte dort auch unbedingt etwas Essen. In Kastro geht man zu Kosta, dem Hüter des Kirchenschlüssels, in Maries besucht man den Dorfplatz, an dem sich mehrere kleine Tavernen befinden. / Ich würde immer empfehlen, viele Kleinigkeiten auszuwählen und alles zu teilen, so bekommt man einen guten Eindruck vom lokalen Angebot. Es lohnt sich immer.

Shopping | Costis Töpferei in Limenas hat tolle Schüsseln, Tassen und Vasen, die sich in meinen Schränken mehren. / Bea´s Leatherlane in Limenas verkauft tolle Lederwaren / „Take me with you“ in Skala Panagia verkauft Designerstücke von griechischen Produzenten und gehört der wunderbaren Soti. Unbedingt vorbeischauen. / In Skala Potamia gibt es das „Melistalakto“ in dem man Süßigkeiten, Kosmetik, Nüsse, Öle, Liköre und Vieles mehr kaufen kann. Alles in Griechenland produziert. / Thassos ist bekannt für seinen Honig und auch sein Öl und Marmor. Es gibt zahlreiche Geschäfte, die lokale Produkte anbieten.

Markt | Jeden Montag in Prinos. Wuselig und lustig. Viele lokale Produkte, aber auch viel Ramsch. Man kann tolles Gemüse und Obst kaufen, Bergtee, Kräuter, Oliven, Öle, Honig. Ein Besuch lohnt sich am Morgen, dann ist es noch nicht so heiß. Danach kann man von dort aus gleich das schöne Dorf Kazaviti erkunden oder an einen der zahlreichen Strände ziehen.

Strände | der größte Strand ist in meiner Heimatbucht in Skala Potamia. Nur Sand, kaum Steine. Und das Beste ist, dass das Wasser sehr flach ist. Wunderbar mit Kindern zu besuchen. In der Hauptsaison aber sehr voll. / Der Strand von Salonikos ist wunderschön, er liegt vor der Stadt Potos und ist am besten mit dem Auto erreichbar. Klein, mit einer netten Beachbar. Gut mit größeren Kindern oder Erwachsene. / Ich selbst suche immer Wege an verlassene Strände, da ich den Trubel nicht mag. Von diesen Flecken gibt es viele – ich gebe gerne individuelle Tipps auf Anfrage. Aber die dürfen dann nicht weitererzählt werden, sonst sind sie irgendwann kein Geheimtipp mehr.

 

Tipps für Thassos: www.thassos-island.de / www.go-thassos.gr

 

Sprichst du eigentlich Griechisch?

Nicht wirklich  gut, meine Freunde sehen das allerdings anders. Ich verstehe fast alles, spreche auch, wenn ich muss. Aber ich sollte mal zur Schule gehen, damit ich sicherer werde. Man erkennt mich lustigerweise nicht als Deutsche, wenn ich Griechisch spreche, was ich als Kompliment verstehe. ;)

 

Wenn du noch einmal deinen beruflichen Weg neu erfinden würdest, was würdest du anders machen bzw was würdest du gern tun?

Oh Maria, diese Frage sollte ich an einem Abend mit Rotwein beantworten, nicht vor dem zweiten Kaffee. Das ist ein großes und wichtiges Thema.

Ich bin glücklich heute, das war nicht immer so. Könnte ich nochmal beginnen, dann wäre ich gerne mutiger. Ich würde meine Ängste und Selbstzweifel über Bord werfen oder am besten keine habe. Ich würde an mich glauben und Dinge einfach versuchen, vielleicht scheitern, aber wahrscheinlich sogar eher Erfolg haben. Ich würde mich nicht verstecken, weil ich glaube, nicht genug, nicht schön, nicht toll oder liebenswert zu sein. Ich würde mich nicht vergleichen, sondern darüber freuen, dass ich bin wer ich bin. Ich würde Medizin studieren, weil ich eine tolle Ärztin geworden wäre und ich würde den Menschen um mich herum sagen, was sie mir bedeuten, weil ich weiß, dass sie nicht immer da sein werden. Und weil man die Gefühle anderer zwar ahnen kann, es aber so befreiend und schön ist, wenn man es ihnen sagt. Und ich würde nicht vor der Liebe weglaufen, weil sie einfach viel zu schön und viel zu schwer zu finden ist, um sie gehen zu lassen.

Ich ermutige heute jeden dazu, seinen Weg zu gehen, ich pfeife auf einen roten Faden im Lebenslauf oder schlechte Schulzeugnisse. Ich glaube daran, dass man Dinge, für die man sich selbst entscheidet und die man mit Herzblut tut, immer meistern wird. Und daran, dass Scheitern uns nicht umhaut. Ich glaube daran, dass wir alle gut sind, so wie wir sind. Und ich wünsche jedem, dass er das ganz früh in seinem Leben versteht – oder auch ein bisschen später.

 

DANKE LISA!

Lisas fotografisches Schaffen könnt ihr auf ihrer Website und auf Instagram verfolgen. Ist beides verlinkt.

 

Alle Bilder sind via Fraeulein Stern Fotografie.

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